Autorin: Regierungsrätin Silvia Steiner, Präsidentin der EDK
Corona-Massnahmen und Ukraine-Krieg: EDK-Präsidentin Silvia Steiner schaut zurück auf ein Schuljahr mit grossen Herausforderungen für alle Beteiligten.
Die Präsidentin der EDK schaut zurück auf ein Schuljahr 2021/2022, das alle Bildungsakteure gefordert hat. Dazu gehörte neben der Bewältigung der COVID-Krise auch die Integration und schulische Bildung geflüchteter Kinder und Jugendlicher aus der Ukraine.
Das Schuljahr 2021/2022 geht zu Ende. Endlich Sommerferien und damit etwas Zeit, um durchzuatmen, werden sich viele Lehrpersonen, Schulleitungen und Behördenmitglieder denken. So wie ihnen geht es auch mir und meinen Kolleginnen und Kollegen in den Kantonen. Zeit für etwas Ruhe, Zeit für etwas Erholung. Hinter uns allen liegt ein äusserst anspruchsvolles Schuljahr, geprägt von der COVID-19-Krise und dem Ukraine-Konflikt. Und doch gibt es einen entscheidenden Unterschied zwischen diesen beiden Krisen: Im Vergleich zu einer Pandemie haben alle Kantone, Gemeinden und Schulen langjährige Erfahrung mit der schulischen Integration von Kindern und Jugendlichen aus Krisengebieten. So konnten viele Kinder und Jugendliche aus der Ukraine schon nach kürzester Zeit unkompliziert am Unterricht teilnehmen. Und das ganz egal, ob die Familie in Obwalden, in Genf oder im Thurgau eine neue, vorübergehende Bleibe gefunden haben. Ich stelle mit grosser Befriedigung fest, dass wir damit über alle Kantonsgrenzen hinweg ein wichtiges Ziel zum Wohl der Kinder und Jugendlichen erreicht haben. Unsere kantonalen Schulkonzepte hielten dieser Belastungsprobe stand. Und in den Gemeinden und in den Schulen wurde hervorragende Arbeit geleistet.
Viel erreicht und doch weiter viel zu tun
Die Herausforderungen bleiben auch im nächsten Schuljahr gross. Landauf landab sind wir mit einem ausgeprägten Fachkräftemangel bei den Lehrpersonen konfrontiert. Um diese Aufgabe zu meistern, müssen wir alle gemeinsam anpacken: Kantone, Gemeindebehörden, Schulleitungen und Verbände. Viele Kantone setzen kreative und durchaus erfolgreiche Massnahmen um. Im Kanton Zürich zum Beispiel haben wir den Gemeinden mehr Flexibilität bei den Anstellungen gegeben. Lehrpersonen ohne pädagogische Ausbildung werden im Rahmen von Kurzkursen in ihre neue Tätigkeit eingeführt. Die Schulen können diese Personen mit einem Coaching unterstützen. Und vor allem sollen die fähigen Leute, die jetzt in unser Schulsystem eintreten, ohne grosse Hürden in einem zweiten Schritt zu Lehrpersonen mit einem anerkannten Diplom weiter ausgebildet werden.
Kantone, Gemeinden und Schulen brauchen freie Hand
Ob die COVID-19-Krise ihrerseits ausgestanden ist, wird sich diesen Herbst zeigen. Immerhin konnten wir diesbezüglich in den letzten zwei Jahren viel Erfahrung sammeln. Die Schulen sind in der Zwischenzeit wahre Profis in Bezug auf das Testen oder im Umgang mit Quarantänemassnahmen. Davon werden wir profitieren. Was mich rückblickend besonders freut, ist die Tatsache, dass die Schultüren der obligatorischen Schule und der Sekundarstufe II das ganze letzte Schuljahr über offengeblieben sind. Kinder und Jugendliche haben ein Recht auf eine gute Bildung. Nur mit einem starken Präsenzunterricht stellen wir dies für alle Kinder sicher, unabhängig von ihrer Herkunft und den individuellen familiären Möglichkeiten.
In der erfolgreichen Krisenbewältigung hilft uns der föderale Weg. Unsere grosse Stärke sind und bleiben die eigenverantwortlichen, dezentralen Schulstrukturen vor Ort. Niemand kennt die Situation vor Ort besser als die Kantone, Gemeinden und Schulen. Sie brauchen freie Hand bei der Umsetzung von individuell angepassten Massnahmen und müssen nicht abwarten, bis schweizweite Rahmenbedingungen geklärt sind. Das Ziel ist es nicht, überall das Gleiche zu tun, sondern das Richtige. Der entscheidende Schlüssel aber, und dahin geht mein grosser Dank, ist der riesige Einsatz von allen Beteiligten. Ohne die grossen Bemühungen der Lehrpersonen, Schulleitenden, der Schulbehörden und allen anderen Bildungsakteuren, würden wir heute an einem anderen Ort stehen. Mein Wunsch an euch alle: Bleiben wir flexibel und anpassungsfähig. Und nutzen wir den Sommer, um den Kopf durchzulüften. Wir werden ihn brauchen, um auch nach den Sommerferien überall dort anzupacken, wo es uns braucht.